Meine Erfahrungen mit Multipler Sklerose


Was machst Du, wenn ein über die Landesgrenzen hinaus anerkannter Spezialist für Multiple Sklerose Dir freundlich und zugewandt, aber trotzdem mit ernster Stimme erklärt: „Unsere Tests haben ergeben, dass wir davon ausgehen müssen, dass Sie Multiple Sklerose haben.“? Was machst Du dann? Er rät Dir, so schnell wie möglich die so genannte Basistherapie zu beginnen, die die SchubWAHRSCHEINLICHKEIT verringern soll. Die Anzahl der Schübe kann sie nicht verringern, denn das würde ja voraussetzen, dass man weiß, wie viele Schübe Du bekommen würdest, wenn Du keine Basistherapie machst. Weiß man natürlich nicht.

Apropos Wissen: Man weiß überhaupt sehr wenig über die so genannte „Krankheit der 1 000 Gesichter“, außer, dass sie das Nervensystem befällt und dass sie in Schüben verläuft oder progredient, das heißt, dass alles auch ohne Schübe schleichend fortlaufend ein bisschen schlechter wird – Mischformen kommen natürlich auch vor.

Es ist unklar, ob Deine Krankheit einen leichten oder schweren Verlauf nehmen wird – vielleicht lebst Du damit lange relativ unbehelligt, vielleicht wirst Du eines Tages auf eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl angewiesen sein, vielleicht (was ziemlich unwahrscheinlich ist) tötet Dich MS auch direkt, indem zum Beispiel ein Schub das Atemzentrum in Deinem Hirnstamm außer Gefecht setzt. Man weiß weder sicher, ob es sich tatsächlich um eine Autoimmunerkrankung handelt oder nicht doch von einem Virus ausgelöst wird, noch kann man MS heilen.

Da die Diagnose nicht durch Nachweis von Erreger "Soundso" im Körper gestellt werden kann, gibt es einen Katalog von Symptomen, und wenn Anzahl X davon bei Dir auftritt, giltst Du als MS-Patient. Also, was machst Du? Beginnst Du die Basistherapie, die Dein Immunsystem herunterregelt, zunächst mit Tabletten, dann mit Spritzen, und wenn sich Deine körpereigene Abwehr an alle diese Manipulationen gewöhnt hat und nicht mehr darauf reagiert, mit Zytostatika? Das sind übrigens Medikamente gegen Krebs.

Dieser MS-Spezialist saß also vor etwa 8 Jahren vor mir. Ich hatte ihn aufgesucht, weil bei einem vom Orthopäden verordneten Halswirbelsäulen-MRT Stellen in meinem Hirn aufgefallen waren, die aussahen wie MS-Herde. Schübe hatte ich bis dahin über mehrere Jahre auch schon einige gehabt, aber weil sich die Symptome immer wieder zurückbildeten, ohne für mich erkennbare Schäden zu hinterlassen, hatte ich mich damit nie an die Mediziner gewandt. Ich hatte einen Vollzeitjob, ein nebenberufliches Studium, einen Ehemann und einige Hobbies – ich hatte keine Zeit zum Kranksein und auch keine Lust dazu. Und es war ja auch immer wieder gut geworden, also befasst ich mich nicht weiter damit… Nun saß ich also vor einem Bild meines Hirn-MRT, das aussah wie die unscharfe Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Weihnachtsbaumes – viele weiße kugelförmige Herde, wie Christbaumbeleuchtung, mindestens 20. Hohe Krankheitsaktivität. Dass ich davon etwas spüren würde, sei aller Voraussicht nach nur eine Frage der Zeit, sagte der Arzt.

Nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, von den mir wichtigsten Menschen aufgefangen worden war, spürte ich vor allem eines: das ist nichts, wofür ich die Verantwortung aus der Hand geben darf. Wenn die Ärzte mir schon nicht sagen können, WARUM ich das habe, dann sollte ich versuchen, das selbst herauszufinden. Dr. Ruediger Dahlkes „Krankheit als Sprache der Seele“ stand schon seit Jahren in meinem Bücherregal, größtenteils ungelesen. Ich weiß nicht einmal mehr, warum ich es mir einst gekauft hatte. Und meine beste Freundin hatte eine Krankheitsbildertherapie im Dahlke-Heilkundezentrum in Johanniskirchen gemacht. Und das beschloss ich auch zu tun. Und mich nicht auf die Basistherapie einzulassen. Zum Glück unterstützten mich meine Liebsten bei dieser Entscheidung – ich weiß, dass viele Betroffene von ihren Angehörigen unter Druck gesetzt werden, alle schulmedizinischen Möglichkeiten auszuschöpfen.

Im August 2013 machte ich mich also auf den Weg nach Niederbayern, aber in erster Linie auf den Weg zu mir selbst. In den Therapiesitzungen mit vielen schmerzlichen, aber auch ermutigenden Erkenntnissen, und in Sitzungen mit dem verbundenen Atem, begann ich zu begreifen, welche Seele da in meinem Körper wohnt, welche Erfahrungen sie machen und was sie mir durch die Krankheit zu verstehen geben will. Unterstützt wurde ich darüber hinaus und in den folgenden Jahren auch homöopathisch, durch Cranio-Sacral-Therapie, energetische Heilung, durch astrologische und orthomolekularmedizinische Beratung sowie Aufstellungsarbeit.

Ich habe erfahren, dass ich täglich eine Stunde Bewegung benötige, um mich wohl zu fühlen, dass ich mehr Ruhe und Schlaf brauche als viele andere, dass es mir hilft, auf meine Ernährung zu achten. Ich darf lernen, dass gut eben gut genug ist und nicht bis zur Perfektion gesteigert werden braucht, dass Dinge, die ich nur mir zur Freude tue, nicht vorzeigbar sein müssen, dass ich geliebt werde um meiner selbst willen und nicht für das, was ich tue (oder tun zu müssen glaube). Und dass ich das weitergeben möchte, was ich selbst erfahren durfte.

Ich weiß nicht, ob ich im schulmedizinischen Sinne als geheilt betrachtet werden kann, denn ich habe mich seit 2014 keiner MRT-Untersuchung mehr „ausgeliefert“, und diesen Beweis bräuchte es aus Ärzte-Sicht mindestens. Aber ich für mich brauche keinen „Beweis“, denn ich fühle mich gesund – und schubfrei bin ich schon seit mehreren Jahren. Und wenn es doch an der einen oder anderen Stelle mal kurzzeitig kribbelt, dann fasse ich das als freundliche Erinnerung daran auf, dass ich ich selbst sein soll, zu mir stehen und mich gut um mich kümmern darf. Und bedanke mich für den Reminder.

Mir ist klar, dass das mein ureigener Weg ist und jede/r Betroffene ihren oder seinen eigenen Weg finden muss und wird – und natürlich schließe ich nicht aus, mir in Zukunft bei einem heftigen Schub mit schweren neurologischen Ausfällen doch mal Cortison spritzen zu lassen. Was die Zukunft bringt, wissen wir nämlich alle nicht. Im Moment ist es gut, hier auf meinem Weg…

Von Ivy, 44

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